4.2 Welche Kriterien sind für das Vorhandensein eines "Sozialverbandes" und für die Berechtigung der Bezeichnung "sozial" bei Hymenopteren ausschlaggebend?

Bei solitären Hymenopteren treten bereits Formen der Vergesellschaftung auf, die jedoch mit einem eigentlichen sozialen Leben nichts zu tun haben. Zur Abgrenzung dessen, was wir unter einem Sozialverband verstehen, soll daher zunächst dargestellt werden, was man nicht unter diesem Begriff zusammenfaßt. Folgende Erscheinungen werden nicht als Kriterien für die Existenz eines Sozialverbandes angesehen:

  • Tiere einer Art wehren in einer Nistkolonie Feinde gemeinsam ab. Dieses Phänomen stellt lediglich einen Hinweis darauf dar, daß sich die Individuen einer Species gegenseitig als Angehörige derselben Art erkennen. Wenn bei den gemeinsam Feinde abwehrenden Tieren aber jedes Weibchen noch getrennt für seine Brut sorgt und sich nicht um die der Nachbarin kümmert, leben die Tiere noch nicht in einem Sozialverband.

  • die Fähigkeit, mehrere Larven gleichzeitig mit Futter zu versorgen. Diese Erscheinung findet sich überwiegend bei sozialen Hymenopteren, ist jedoch allein kein ausreichendes Kriterium dafür, daß ein Sozialverband existiert. Als seltene Ausnahme wurde die Fähigkeit, mehrere Larven gleichzeitig mit Futter zu versorgen auch in der Familie Vespidae bei solitären Arten beobachtet, z. B. bei Odynerus tropicalis SAUSS.

  • das Matriarchat, das Zusammenleben von Mutter und Kindern. Das Auftreten des Matriarchats allein stellt kein ausreichendes Kriterium für die Existenz eines Sozialverbandes dar. Erst wenn die Kinder nicht nur mit der Mutter zusammenleben, sondern darüberhinaus ihr Brutpflegearbeiten abnehmen existiert ein Sozialverband. Andererseits stellt das Matriarchat auch kein notwendiges Kriterium für das Vorhandensein eines Sozialverbandes dar: Bei polygynen, perennierenden

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